Interview mit Claudio Altwegg

Politik ist sein Hobby

Claudio Altwegg ist neuer Präsident der FDP Wil. Damit löst er Jigme Shitsetsang nach acht Jahren im Amt ab. Im Interview spricht Altwegg über Geldreserven, Freiheit und seinen Wunsch, Politik wieder nahbarer zu machen.

Herr Altwegg, welche Pläne haben Sie für die Zukunft ihrer Partei?
Ich will den Erfolg beibehalten. Das ist eine Steilvorlage, denn bei den letzten Wahlen konnten wir trotz Parlamentsreduktion unsere acht Sitze halten. Der Wähleranteil konnte sogar ausgebaut werden. Mein Ziel ist es, weiter an diesem Erfolg zu arbeiten. Ausserdem will ich neue Köpfe für die Partei gewinnen. Die FDP soll in den nächsten Jahren noch stärker in der Bevölkerung verankert sein.

Und was sind die politischen Themen der FDP Wil dieses Jahr?
Wir setzen uns ein für einen attraktiven Standort, sowohl für Private als auch für die Wirtschaft. Die Finanzplanung, insbesondere die Steuern sind da sicher ein Thema im nächsten Jahr. Ein weiteres aktuelles Anliegen ist die Prüfung eines Tagesschulmodells. Wir sind überzeugt, dass es für junge Familien Vorteile bringen könnte, wenn diese Option besteht.

Wie wollen Sie das erreichen?
Einerseits hat Adrian Bachmann letztes Jahr ein Postulat eingereicht, welches eine seriöse Prüfung eines solchen Modells verlangt. Andererseits bringen wir uns intensiv in das Projekt Schule 2020 ein. Wichtig ist, das bei den derzeitigen Analysen keine Einschränkungen gemacht werden. Es muss unvoreingenommen nach Lösungen gesucht werden. .

Mit dem guten Abschluss der Stadt Wil 2016 wurde auch der Ruf nach einer Steuersenkung laut. Wie steht die FDP dazu?
Die Stadt Wil steht finanziell sehr gut da. Die Diskussion um eine Steuersenkung muss deshalb zugelassen werden. 5 bis 10 Prozent sind eine realistische Forderung. Eine Anhäufung von Geldreserven ist nicht nötig. Wenn erfolgreich gearbeitet wurde, darf der Steuerzahler auch entlastet werden.

Ein zentrales Thema der FDP ist die Liberalisierung der Wirtschaft. Ist Wil in diesem Zusammenhang liberal genug?
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine liberale Wirtschaftspolitik werden vor allem auf Bundesebene gesetzt. Die FDP setzt sich dafür ein. Wir sehen zurzeit in einzelnen Staaten Europas, dass Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist. Die Freiheit ist ein hohes Gut. Sie fördert Fortschritt und Innovation, fordert aber auch Verantwortung. In der Schweiz und auch in Wil haben wir diesbezüglich eine gute Ausgangslage.

Wie attraktiv ist der Standort Wil?
Man könnte sicher noch mehr machen. Allgemein betrachtet ist der Standort von der Lage und Infrastruktur her attraktiv. In Sachen Steuern und Investitionen könnte noch einiges getan werden. Ich denke, da haben wir mit unserem jungen Team Vorteile. Wir haben eine andere Sicht auf die Dinge und denken nachhaltiger.

Letzte Woche war im Parlament die Jahresrechnung der TBW traktandiert. Wie stehen Sie zur Privatisierung der TBW?
Damit habe ich mich noch nicht intensiv befasst. Grundsätzlich hat der Staat eine Versorgungsaufgabe. Aber die wirtschaftlichen Tätigkeiten des Staates haben Grenzen. Diese gilt es zu klären. Die TBW mussten sich in den letzten Jahren dynamisch verändern, was erfolgreich gelungen ist. Um das weiterhin zu bleiben braucht die TBW entsprechende Flexibilität in ihrem unternehmerischen Handeln. Die Frage, die man stellen kann, ist ob wirklich alle Angebote zum Service Public gehören.

Ist es aus Sicht der Wiler Bevölkerung eine Privatisierung der TBW wirklich sinnvoll?Hier gibt es – wie immer, wenn ein staatliches Unternehmen privatisiert wird – die klassischen Vor- und Nachteile. Meiner Ansicht nach fördert ein gesunder Wettbewerb immer die Entwicklung in einer Branche. Egal welche Lösung schlussendlich angestrebt wird. Für die Bevölkerung sollen daraus keine Nachtteile entstehen.

Auf kommunaler Ebene wird die FDP häufig zu wenig wahrgenommen. Woran liegt das?
Die FDP verfügt schweizweit über die meisten Exekutivmandate. Unser Stadtrat Daniel Meili wurde letztes Jahr mit dem besten Ergebnis wiedergewählt. Ich denke nicht, dass die Situation so dramatisch ist. Vielleicht machen wir in der politischen Diskussion nicht immer so viel Lärm wie andere Parteien. Wir betreiben Sachpolitik.. Die ist in Diskussionen natürlich nicht immer gleich spannend, wie emotionale Argumentationen.

Was wollen Sie dagegen tun?
Meine Hauptaufgabe liegt darin, die Anliegen der Bevölkerung abzuholen. Ich will Raum für Diskussionen schaffen, denn nur so entstehen Anreize und Ideen. Mein Ziel ist es, Politik wieder nahbarer zu machen. Ich möchte auf die Leute zugehen und ihnen sagen: Lasst uns wissen, was ihr von uns haltet. Auch Geselligkeit muss einen Platz in der Politik haben. So macht sie politische Arbeit nämlich auch Spass. Ich kann von mir durchaus behaupten, dass meine politische Tätigkeit auch mein Hobby ist.